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Vergabe der Omnibusleistungen droht mittelständische Betriebe zu übergehen

Veröffentlicht am 19.11.2020 in Kreistagsfraktion

Dr. Rainer Prewo

"Brief von Dr. Rainer Prewo an Landrat Helmut Riegger vom 17. November 2020"
Mittelstandsunfreundliche Vergabe der Nahverkehrsbündel Mitte/Los 1 und /Los 2 und Südost

Sehr geehrter Herr Landrat,

ich nehme Bezug auf unseren Schriftverkehr und möchte nach der gestrigen Situationsbe­schrei­bung im VWA nochmals appellieren, die Vergabe der Nah­verkehrsbündel zu stop­pen bzw. zurück­zudrehen. Anderenfalls drohen dem Kreis Calw große Schä­den. Mit dem Zu­schlag aller drei bisher vergebenen Linienbündel an die DB-Tochter RAB droht der Nahverkehrs­markt im Kreis Calw, der bisher von mittelständischen Unternehmen geprägt ist, die im markt­wirtschaftli­chen Wettbe­werb untereinander stehen, künftig in eine mehr oder minder monopo­li­stische Struk­tur verwan­delt zu werden. Nicht nur verlieren kleinere Unternehmen, die über viele Jahre zuver­lässig gefah­ren sind, absehbar ihre Existenz (außer sie fahren vorerst als Sub­unterneh­mer unter der Regie des beherr­schenden Monopolisten). Auch dem Landkreis und den Fahrgästen im Kreis Calw kann es nicht zum Vorteil sein, wenn sich mittelfristig die Fahrpreise nicht mehr im Wettbe­werb bilden. Ein markt-­ wirt­schaftlicher Wettbewerb, der einmal verloren gegangen ist, lässt sich er­fahrungsgemäß kaum mehr zurückgewinnen.

Das Ziel des neuen Nahverkehrsplans war aber (beim Einleitungsbeschluss des Kreistags) ausdrück­lich, den Wettbewerb zu sichern! Dass das gründlich schief ging, liegt auch nicht etwa daran, dass die heimischen Unternehmen sich im Ver­gabeverfahren nicht energisch genug en­gagiert hätten oder dass sie zu hohe Preise oder Zuschüsse ver­langt hätten. Die Differenzen waren durchweg – teilweise geradezu lächerlich – gering. Die Aus­kunft im AK Nahverkehr: Man müsse eben „nach dem Gesetz an den Bieter mit dem niedrigsten Preis vergeben“, trifft nicht zu. Im Ge­setz (VOL/A § 25 Nr. 3) steht ausdrücklich: „Der Zuschlag ist auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirt­schaftlichste Angebot zu erteilen. Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht ent­scheidend.

Unterhält der auswärtige Anbieter im Kreis Calw einen Betriebshof, von dem ggf. rasch Ersatzfahr­zeuge einsetzbar sind? Wie steht es mit der Ortskunde des Fahrpersonals? Mit der Erreichbarkeit für Beschwerden? Welcher Unternehmer oder Verbraucher würde das beim Einkauf nicht wirt­schaftlich berücksichtigen und stattdessen den billigsten Preis mit „Wirtschaftlichkeit“ verwech­seln? - Im Gesetz wird auch ausdrücklich auf das Kriterium der „Zuverlässigkeit“ verwiesen (die die hei­mischen Unternehmen bewährt erfüllen). Bestehen hier Zweifel, kann dies sogar Grund für ei­nen Ausschluss des Angebots sein. Liegen Erfahrungen zur Zuverlässigkeit der RAB vor? - Als Be­treiber der Nagoldtalbahn ließ die RAB im Winter 2019/20 über Monate bis zur Hälfte der fahr­planmäßigen Züge ausfallen, Schülerinnen und Schüler standen in der Kälte („wegen Personalman­gel“, wie es hieß, wohlgemerkt: vor Corona.) Wo konnte man reklamieren? - Auf Nachfrage im Kreistag hieß es, das Landratsamt sei nicht gefragt worden, und man könne nichts machen.

Die „Berücksichtigung aller Umstände“ hat hier offensichtlich nicht stattgefunden, sonst hätte bei den geringen Angebotsdifferenzen jeder einzelne dieser Umstände die Entscheidung in die andere Richtung drehen müssen. Kurzum, wir haben Ursache anzunehmen, dass die Vergabe nicht vom Gesetz gedeckt ist.

Ein weiterer Aspekt sei nur erwähnt: Es handelt sich um Infrastrukturvergaben. Anders als bei Ver­gabe von Straßenbelägen, Dachsanierungen, Reinigungsdiensten usw. gilt hier: Wer den Zuschlag erhält, hat ein Ge­bietsmonopol, kann alle anderen (hier) für acht Jahre aus dem Gebiet ausschlie­ßen. Das heißt, die Ver­gabe verändert für lange Zeit den Markt selbst. Denn wie sollen Mittelständ­ler einen de facto-Ausschluss von acht Jahren in ihrem lokalen Stammgebiet überste­hen? - Diese Tatsache wiederum spricht dafür, dass das ver­wendete Vergabe-Verfahren hier (für dieses Markt-Design, wie Ökonomen sa­gen) ungeeignet ist. Es schafft nämlich star­ke Anreize für große ex­terne Anbieter, ein Gebiet z.B. durch Kampfpreise zu „erobern“, denn schon das einmalige Erobern schal­tet kleinere Konkurrenten mit großer Wahrscheinlichkeit dauerhaft aus. Der Effekt ist hier ge­radezu in der Natur des Verfahrens eingebaut. Das hat jetzt die Realität prompt gezeigt, indem die RAB sich auf Anhieb alle drei ausgeschriebenen Bündel geschnappt hat. Die wirt­schaft­lichen Fol­gen zei­gen sich teils sofort (Stop mittelständischer Investitionen), teils wer­den sie erst später spür­bar (für den öffentlichen Nahverkehr und den Landkreis). - Dieses Problem übersteigt freilich die Kompe­tenz des Kreises Calw, es wäre wohl Grund, auch die staat­liche Auf­sicht (Wirt­schafts-, Ver­kehrs­mi­ni­sterium) einzuschalten bzw. das Land Baden-Württem­berg zu marktgerechter und mit­tel­stands­tauglicher Anpassung der Vergabenormen zu veranlas­sen. Wie man hören kann, treten gleich­artige Probleme gegenwärtig in vielen Landkreisen auf. Sonntagsre­den zur gro­ßen Bedeutung mittelstän­discher Unternehmen klingen gut, man muss aber auch han­deln.

Die Erfahrung, die der Kreis Calw gerade machen muss, hat jedenfalls (unabhängig von eigenen Fehlern) deutlich größere Tragweite als sonstige übliche Vergaben. Die Tragweite hier ist ge­waltig genug, um alles zu tun, um die Schäden von unserem Kreis abzu­wenden.

 

Viele Grüße

 

Dr. Rainer Prewo

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